Fröhliche Weihnachten und ein gutes, gesundes Neues Jahr 2004!

Nach fast 5 Monaten Aufenthalt in Duschanbe werden wir dieser Tage unser erstes Weihnachtsfest fernab der Zivilisation und unseren Freunden erleben. Das stimmt uns natürlich etwas traurig, andererseits geht es uns gut und das Haus ist auch fast fertig eingerichtet. Ich will mal einen kurzen Bericht abgeben, was wir so im letzten halben Jahr getrieben haben.

 

Also, am besten von vorne anfangen. Nach einem nicht ganz einfachen Abschied von Kapstadt kamen wir fix und alle nach 4 Tagen Reise mit Lucy, Macarena und Buster in Duschanbe an. Wir wurden von den durchweg lieben Kollegen mit offenen Armen und sehr herzlich empfangen, aber das Haus…. Verdreckt, noch nicht fertig renoviert, Warmwasserboiler defekt, Garten moddrige Schlammfläche… Kein Wunder, dass die Hunde uns mit diesem „warum habt Ihr uns bloß hierher gebracht?“-Blick bedachten.

 

In der ersten Zeit machte uns die Hitze sehr zu schaffen, aus dem südafrikanischen Winter in ein trocken-heißes Höhenklima. Meist hatten wir zwischen 35° und 40°, so dass wir gleich in den ersten Tagen Klimaanlagen einbauen ließen.

 

Nach den ersten Wochen bekamen wir den ersten Besuch: flotte Tadschiken (= anderenorts Montezuma´s Rache). Wasser aus der Leitung ist braun und typhusverseucht, so dass wir monatlich etwa 60€ für Mineralwasser ausgeben, Zähneputzen, Hundewasser, Kochwasser…

 

Die tadschikischen Restaurants taten ihr Übriges, das Essen ist fett, schlecht gewürzt und teilweise ekelerregend. Der Tadschiken Nationalgericht ist Plov, Reis in Öl gekocht mit Möhren und fettem Hammelfleisch. Dazu gibt es oft Schaschlik, auch meist vom Hammel, und die Stück so zusammengehauen, dass sich darin noch Knochensplitter befinden. Nein danke! Somit kauften wir uns nach einem Monat einen kombinierten Gas- und Elektroherd, nur um festzustellen, dass das Gas abgestellt ist. Teils, weil der Vermieter seit 2 Jahren nicht für das konsumierte Gas bezahlt hat (ein vorgeschriebener Gaszähler fehlte auch), teils weil „das Gas eben im Sommer immer abgestellt ist“. Also kauften wir noch eine Gasflasche dazu.

 

An Restaurants, deren Essen genießbar ist, gibt es hier einen Chinesen und einen Inder, dazu ein paar Mafiosi-Schuppen, in denen manche Speisen ganz akzeptabel sind. Es werden viele neue Cafés eröffnet, so dass es eigentlich nur aufwärts gehen kann.

 

Für Bruce wurde langsam eine überdachte Auffahrt neben unserem Haus in einen Workshop verwandelt. Die Stromverkabelung war fehlerhaft, so dass Olim, der Wächter einer Kollegin und Elektriker, unser ständiger Mitarbeiter wurde. Er baute auch einen großen, lärmenden Generator ein, der uns schon gute Dienste geleistet hat.

 

Das Umzugsgut liess auf sich warten, wir waren des Campierens auf dem Fußboden müde und das Hundefutter ging uns aus (1 Monaten haben wir Chappi-Dosen im sog. Holländischen Supermarkt gekauft – 15 Somoni = 5 Euro die Dose…). Ende September war es endlich soweit, die 2 Container standen vor der Haustür. Nach dem Öffnen die ersten Schocks, schlecht gepackt, viel kaputt. Besonders ärgerlich: nagelneues Auto total zerkratzt, Lackschäden für 1600 €! Mangels qualifizierten Packpersonals (man schmiss die Boxen einfach in irgendeinen Raum…) haben wir uns entschlossen, alles selbst auszupacken. Nach 2 Monaten auspacken haben wir nun gehörig die Schnauze voll und nur noch wenige „Grauzonen“ mit Boxen und verpackten Gegenständen. Es fehlen uns an allen Ecken Schränke – in Südafrika gab es ja in jedem Raum einen riesigen Wandschrank. Somit hat Bruce alle Hände voll zu tun, er hat 4 Kleiderschränke gebaut, die nun nur noch zusammengesetzt werden müssen. Danach muss er eine neue Küche bauen und dann noch eine Bar – Geselligkeit ist ja quasi das einzige Freizeitvergnügen hier.

 

Mittwochs gehen wir Darten, Bruce ist sogar schon 3. bei einer Dartmeisterschaft geworden.

 

Ganz nebenbei hat Bruce begonnen, Boerewurst und Biltong zu produzieren, Trockenfleisch und südafrikanische Burenwurst, ohne die kein Südafrikaner leben kann. Die sog. Sommerküche gleicht daher oft einem Schlachtfeld, inkl. Blut. Aber die Würste und das Biltong sind der Renner bei allen Ausländern, er hat schon ca. 500 $ Umsatz gemacht.

 

In unserer Freizeit versuchen wir, oft aus Duschanbe rauszukommen. Die Landschaft ist grandios, die Berge sehr schön, überall fliegen Adler (wenn wir einen sehen, schnappen wir uns sofort Buster – wegen seiner Größe ist er potentielle Adlernahrung…). Leider fehlt die Infrastruktur (Berghotels, Restaurants en route usw.). Die Botschaft unterhält eine kleine Datscha 20 km von Duschanbe im Warsobtal an einem Fluss. Dort treffen wir uns bei gutem Wetter zum Grillen oder momentan eher zum Glühweintrinken.

 

Größere Touren in die Umgebung haben wir leider noch nicht gemacht. Wir waren aber schon in Taschkent/Usbekistan, ich hatte eine kleine Kurierreise zu unternehmen und habe Bruce mitgenommen. Das war sehr schön, ich konnte alte Freunde und Lehrgangskollegen dort besuchen (Silke und Holger) und mal wieder etwas Zivilisation schnuppern. Dort gibt es zwar auch noch kein McDonalds, aber ansonsten alles zu kaufen (für harte Devisen – Tafel Milka = 2,50€).

 

Was gibt es sonst zu berichten? Telefonieren ist schwierig und sehr teuer, 3,50€ die Minute, so dass wir uns das verkneifen. Wir können SMSen, aber keine SMS empfangen L

 

Es spielt sich quasi alles im Internet ab, mailen ist unsere Verbindung zur Aussenwelt.

 

Die Sicherheitslage empfinden wir hier als relativ ruhig, wir haben aber zuhause 4 Wächter, die abwechselnd 24-Stunden-Schichten schieben und die wir auch benötigen – einer muss die Gasleitungen im Auge behalten (damit das Feuer nicht ausgeht und die Bude in die Luft fliegt), das Tor bekomme ich als Frau alleine gar nicht auf, Bruce braucht Dolmetscher usw. Obwohl wir schon einigen Ärger mit den Wächtern hatten und in der kurzen Zeit schon 2, fast 4 Wechsel hatten…

 

Mehr zu schaffen machen uns die technischen Schwierigkeiten im Haus. Wir hatten bisher 2 Wintereinbrüche mit 30 cm Schnee über Nacht, da froren dann die Wasserleitungen ein und der Strom fiel aus – somit keine Heizung, kein Wasser….

 

Dann hat ein Heizungstechniker mein Lesezimmer unter Wasser gesetzt und ich selbst die Küche. Die Heizungsstromleitung ist verkokelt und in einigen Steckdosen gab es schon kleinere Kabelbrände. Das schlaucht schon arg, aber schließlich ist Duschanbe nicht umsonst ein Härteposten.

 

Meine Arbeit macht mir sehr viel Spass, es ist wesentlich ruhiger als in der Visastelle Kapstadt und man hat auch mal Zeit für ein Späßchen zwischen Tür und Angel. Ich mache Zahlstelle, Liegenschaftsverwaltung, Kfz-Kram und vertretungsweise Registratur und IT.

 

Weihnachten werden wir ruhig zuhause verbringen und ein paar einsame Seelen einladen; die meisten Ausländer sind nun in ihren Heimatländern, nur wenige bleiben über die Feiertage hier. Wir haben gute Kontakte und nette Bekannte gefunden. Es gibt etwa 100 Deutsche im Land und viel mehr Amis und Briten und und und. Südafrikaner gibt es auch, aber die arbeiten alle in den Goldminen außerhalb von Duschanbe und wir können sie erst im Frühjahr besuchen (Bergpässe sind zugeschneit). Bruce ist schon ganz heiß darauf, diese kennenzulernen und ihnen sein Biltong und die Boerewurst anzudrehen!

 

Am 2. Weihnachtsfeiertag kommt Rainer aus St. Petersburg uns besuchen, der ja mit mir in Kapstadt und davor in Chisinau auf Posten war. Er bleibt 2 Wochen, wir freuen uns schon sehr. Da mich sehr viel an Moldau erinnert, werden wir sicher viel über alte Zeiten lachen.

Ansonsten freuen wir uns auf das Neue Jahr, dass uns Ende Februar einen Urlaub nach Kapstadt und Deutschland beschert – 2 Monate werden wir weg sein aus Duschanbe, ziemlich lange. Im Herbst erwarten wir dann meine Eltern zu Besuch und hoffen, zwischendurch ein paar abenteuerliche Pamir-Gebirgstouren unternehmen zu können, um unser Gastland kennenzulernen.

Ich bitte noch einmal um Nachsicht, dass ich so wenig Zeit habe zu schreiben – nichtsdestotrotz denken wir oft an unsere Freunde und Verwandten in aller Welt…

 

Wir wünschen also ein frohes, besinnliches Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr und senden die allerherzlichsten Grüße aus Duschanbe/Tadschikistan!

 

 

Tanja & Bruce

 

& Lucy & Macarena & Buster