10. November 1989

Am 09.11.1989 saß ich mit Freunden zuhause bei meinen Eltern in Schönberg/H. und feierte meinen 23. Geburtstag, als uns Nachts im Radio die Nachricht der Grenzöffnung erreichte. Mit meinem Kumpel Thorsten und dessen Freundin Sonja machten wir uns am 10.11. nach Lübeck auf, um uns das mal näher anzusehen. Die Polizei fing uns schon am Kreisel Travemünder Landstr. / Mecklenburger Str. ab und forderte uns auf, dort zu parken, weil es vor ort unmöglich sei, irgendwo parken zu können.

Meine Frage nach der Entfernung zur Grenze wurde mit "ca 3km!" beantwortet. Dann man los. Im stetigen Tross vorüberziehende Trabbis und Wartburgs nebelten die Straße durch den Wald bis an die Baumkronen bläulich ein, Zweitaktabgas lag fest in der Luft und das Hupen und Winken der Fahrzeugbesatzungen wurde von uns und den anderen Fußgängern, auf dem Weg nach Schlutup, fleißig und dennoch staunend erwidert. 

Irgendwann - Hey das waren satt mehr als drei Kilometer!! - waren wir am Grenzübergang.

Dort war die Hölle los. Auf Ostseite eine langsamst und stetig herannahende Autoschlange, an der Grenze ein paar hundert Menschen, die den Fahrzeugen aufs Dach klopften, applaudierten, Sektflaschen köpften, feierten, sich freuten. Ein, offenbar mit Obsthandel vertrauter Mann, leerte mitgebrachte Pappkartons mit Bananen, Orangen und Mandarinen in die geöffneten Autofenster, andere gaben Plastikbecher mit Sekt an die Reisenden von drüben aus.

Wir standen einige Meter oberhalb der Szenerie, vor dem Grenzabfertigungsgebäude, und schauten in die erstaunten Augen der Beifahrer, welche meist -innen waren und viele - fast alle - weinten in diesem Moment. Auch ich war ergriffen von dem Geschehen dort. Nicht so doll - soll ja keiner sehen. 

Ich vermute, wir waren so ungefähr eine Stunde lang dort, die sich aber tief einbrannte!